Gefährliche Naivität in der Tierwelt

(27.09.2016) Kölner Wissenschaftlerin hat in Tasmanien untersucht, wie heimische Beutetiere auf eingeführte Raubtiere reagieren

Eingeführte Raubtiere werden weltweit für den Rückgang und das Aussterben einheimischer Arten verantwortlich gemacht. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass einheimische Beutetiere gegenüber neuen Raubtierarten unerfahren sind.

Sie erkennen in ihren neuen Nachbarn keine Fressfeinde. Diese Unerfahrenheit ist allerdings nicht von Dauer und der zunächst unbekannte Räuber wird langfristig von seiner Beute als gefährlicher Feind wahrgenommen.

Das konnte ein Team um die Kölner Wissenschaftlerin Dr. Anke Frank nun am Beispiel von Hunden und Nasenbeutlern in Tasmanien belegen. Die Ergebnisse der Studie “Does Historical Coexistence with Dingoes Explain Current Avoidance of Domestic Dogs? Island Bandicoots Are Naïve to Dogs, unlike Their Mainland Counterparts” sind jetzt in der Zeitschrift PLOS ONE erschienen.

Mit ihrer Forschung knüpften Frank und ihre Kolleg/inn/en an eine vergleichbare Studie aus den Jahr 2012 an: Obwohl Hunde und Hauskatzen beide vor etwa 200 Jahren in Sydney eingeführt wurden, vermeiden einheimische Nasenbeutler nur solche Gärten, in denen Hunde leben – nicht aber katzenbewohnte Gärten (Carthey und Banks 2012).

Die Autoren der Studie führten damals das Meideverhalten der Nasenbeutler gegenüber Hunden auf die Jahrtausende lange Ko-Existenz mit Dingos zurück. Dingos sind mit Hunden nahe verwandt und kamen schon vor rund 4000 Jahren nach Australien.

„Wir haben diese Hypothese in Tasmanien überprüft, wo es zwar nie Dingos gab, wo jedoch vor etwa 200 Jahren Hunde eingeführt wurden“, sagt Frank.

Die Wissenschaftler/innen befragten in Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens, Einwohner/innen nach ihren Haustieren, gesichteten Nasenbeutlern oder deren Losung in ihren Gärten.

Wenn die lange Erfahrung mit Dingos es Nasenbeutlern auf dem australischen Festland ermöglicht, Hunde als Fressfeinde zu erkennen, dann sollten die Dingo-unerfahrenen tasmanischen Nasenbeutler Hunde nicht als Räuber erkennen. So lautete die Hypothese der Wissenschaftler/innen.

„Wir haben tasmanische Nasenbeutler gefunden, die nach 200-jähriger Koexistenz mit den eingeführten Raubtieren sowohl gegenüber Hunden als auch gegenüber Katzen immer noch naiv sind“, sagt Frank.

„Damit wird unsere Hypothese untermauert, dass – wie auf dem australischen Festland beobachtet – Naivität gegenüber neuen Raubtieren mit der Zeit schwinden kann.“

Publikation

http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0161447



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