Viele Langstreckenzieher passen Zugzeiten an Klimawandel an

(04.05.2016) Zugvögel aus weit entfernten Überwinterungsgebieten sind dieses Jahr wesentlich früher in ihre Brutreviere zurückgekehrt

Für gewöhnlich werden Langstreckenzieher wie  Rauchschwalbe, Gartenrotschwanz oder Kuckuck erst diese Tage zum ersten Mal beobachtet. Als Langstreckenzieher bezeichnen Ornithologen jene Vogelarten, deren Winterquartiere in Afrika südlich der Sahara liegen.

Besonders auffällig für die heimischen Vogelkundler ist, dass die Ankunft der weit gereisten Vögel heuer im Schnitt um zwei Wochen früher stattfand als in den beiden Jahren zuvor.


Gartenrotschwanz

„Daher liegt die Vermutung nahe, dass das frühe Eintreffen der Vögel mit dem sehr zeitigen Frühlingsbeginn zusammenhängt“, so Mag. Norbert Teufelbauer, Ornithologe von BirdLife Österreich.

Wie die Vögel darüber Bescheid wissen, ist ein Rätsel der Natur. Schließlich überwintern Langstreckenzieher bis zu 12.000 Kilometer vom Brutrevier in Europa entfernt und können bis zu acht Wochen für die Rückreise benötigen.

Studie: Einfluss Klimawandel auf Vögel bewiesen

Erst Ende März wurde eine Studie in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht, welche erstmals den Einfluss des Klimawandels auf Vögel in Europa und der USA belegt.

Darin wurde die Verbreitung von 525 Arten in Bezug zu Klimadaten aus dem Zeitraum 1980-2010 gesetzt.

Auch BirdLife Österreich stellte die Daten des jährlichen „Brutvogel-Monitorings“ zur Verfügung, welche seit 1998 von freiwilligen Kartierern gesammelt wurden. Die entwickelten Modelle identifizieren Gewinner und Verlierer des Klimawandels. 

Der menschenverursachte Klimawandel schreitet rasch voran, sodass bisher vermutet wurde, dass die Tierwelt mit dieser Geschwindigkeit nicht Schritt halten kann. Insbesondere die Langstreckenzieher schneiden als große Verlierer des Klimawandels ab. Sie folgen ihrer „inneren Uhr“ um den optimalen Aufbruchszeitpunkt vom Winterquartier in die Brutgebiete zu bestimmen.

Einige Langstreckenzieher könnten „zu spät“ in den Brutgebieten ankommen und nicht mehr die lebensnotwendigen Bedingungen vorfinden.

So können die Raupen, die der Trauerschnäpper zur Jungenaufzucht benötigt, bereits verpuppt sein. Oder der Kuckuck, der sein Ei zum Ausbrüten in fremde Nester legt, findet nur noch geschlüpfte Jungvögel vor.

„Die Beobachtungsdaten des heurigen Jahres könnten jedoch ein Hinweis darauf sein, dass selbst die bis nach Afrika ziehenden Vogelarten in der Lage sind, sich an die Veränderung des Klimas anzupassen.

Aber besonders die veränderte Beschaffung des Lebensraumes kann weitere fatale Folgen für den Bestand der Arten haben. Klimawandel findet statt und er stellt die Vogelwelt vor neue, schwerwiegende Herausforderungen.“, weiß Teufelbauer.

Extreme Wettersituationen als Überlebenskampf

Die Ankunftszeiten der Langstreckenzieher haben sich über zigtausende Jahre entwickelt und perfekt an den Kreislauf der Natur angepasst. Schwalben, Kuckuck und Co werden nicht umsonst als „Frühlingsboten“ bezeichnet - Sie kehrten bisher zu einem verlässlichen Ende der winterlichen Verhältnisse zurück.

Mit dem Klimawandel steigt auch die Wahrscheinlichkeit extremer Wettersituationen. Gerade vergangene Woche, Ende April, gab es in großen Teilen Österreichs einen plötzlichen Wintereinbruch – ein Überlebenskampf insbesondere für Langstreckenzieher.

Die meisten dieser Vögel sind nämlich Insektenfresser und müssen deshalb bis in den Süden Afrikas ziehen, um über die Wintermonate ausreichend Nahrung zur Verfügung zu haben.

Erreichen diese ihr Brutgebiet bei neuerlichem Wintereinbruch, müssen sie dem schlechten Wetter großräumig ausweichen um ihre Nahrung zu finden, was jedoch ein sehr kräftezehrendes Unterfangen darstellt.

Besonders langanhaltende Kälte und eine geschlossene Schneedecke können für die erschöpften Tiere zur Todesfalle werden.



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