Fossile Vogelfüße bezeugen Krokodilangriffe vor 47 Millionen Jahren

(05.09.2016) Senckenberg-Ornithologe Dr. Gerald Mayr hat bisher unbeschriebene fossile Vogelfüße aus dem UNESCO Weltnaturerbe Grube Messel untersucht. In der kürzlich im Senckenberg-Fachjournal „Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments“ erschienenen Studie zeigt er, dass die Vögel wahrscheinlich durch Krokodilangriffe ums Leben kamen.

Zudem belegen die fossilen Bein- und Fußknochen, dass die Vogelfauna Messels vor 48 Millionen Jahren artenreicher war, als bisher vermutet.

Vollständig erhaltene Skelette der „Messel-Ralle“, versteinerte Mageninhalte und fossilisierte Federn – Über 1000 solcher und anderer Vogel-Fossilien aus der Grube Messel liegen in den Sammmlungsschränken der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.


Acht fossile Vogelfüße aus der Grube Messel bezeugen Krokodilangriffe vor 48 Millionen Jahren

„60 Vogelarten sind uns bisher aus Messel bekannt“, erklärt Dr. Gerald Mayr und fährt fort: „Nicht alle dieser fossilen Übereste sind aber so vollständig, wie wir es von der exzellenten Erhaltung Messels gewohnt sind. Besonders von größeren Vögeln haben wir sehr wenige Belege.“

Der Vogelforscher hat nun acht bisher unbeachtete Vogelfüße untersucht, die in den vergangenen Jahren im Ölschiefer des UNESCO Weltnaturerbes gefunden wurden: Er kommt zu dem Schluss, dass die isolierten Vogelfüße Nahrungsreste darstellen.

„Die gebrochenen Knochen und die fehlenden Enden der Vogelbeine an sieben der untersuchten Knochen sprechen dafür, dass die Vögel von einem Räuber angegriffen und gefressen wurden“, erläutert Mayr.

Vieles deutet dabei auf Krokodile hin. Um die relativ großen Vögel fangen zu können, darf der Räuber nicht zu klein sein – große Raubsäugetiere oder -fische sind aus Messel nicht bekannt. „Es gibt aber sieben beschriebene Krokodilarten, die im Messel-See lebten“, ergänzt der Frankfurter Ornithologe.

Da es sich bei den fossilen Vögeln um landlebende Tiere handelte, fingen die Reptilien ihre Beute vermutlich lebend in Ufernähe oder wenn diese tief über der Wasseroberfläche flogen. Mayr vermutet, dass die Krokodile die Vögel an einem Bein packten, welches dann aus dem Körper gerissen wurde, als die Beutetiere versuchten, zu fliehen.


Anhand der untersuchten Vogelfuß-Fossilien zeigt sich, dass die Artenvielfalt der Vögel in der Grube Messel höher war, als bisher angenommen.

Was für die Vögel schlecht ausging, ist für die Messelforscher ein Glücksfall: Die Knochen gehören beinah alle zu bisher aus Messel unbekannten Arten und zeigen, dass die Vielfalt der dortigen Vogelwelt noch höher war, als bisher vermutet.

Die Knochen gehören zu relativ großen, landlebenden Vögeln; bislang konnten in der hessischen Fossilienfundstelle eher kleine Vögel identitifiziert werden.

„Leider sind die Knochen überwiegend in einem relativ schlechten Zustand, so dass eine Bestimmung auf Artebene nicht möglich ist – dennoch können wir aus den Fossilien ableiten, dass diese Funde für Messel neu sind“, ergänzt Mayr.

Die Neuentdeckungen vervollständigen das Bild der vielfältigen Vogelwelt Messels, welche mit der heutigen Fauna der Neotropen, Madagaskars und Neuguineas zu vergleichen ist.




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