Rheuma beim Hund: Von der Humanmedizin lernen - frühe Diagnose für gute Prognose entscheidend
(11.03.2016) Auch Hunde können an Rheuma erkranken. Frühzeitig erkannt und zielgerichtet therapiert, ist die Prognose der Autoimmunerkrankung meist gut. Wird dieser Zeitpunkt jedoch verpasst oder kommen die falschen Medikamente zum Einsatz, drohen schwere Krankheitsverläufe mit massiven Gelenkschäden, chronischen Lahmheiten und Schmerzen.
Doch sowohl Diagnose als auch Therapie der sogenannten rheumatoiden Arthritis (RA) stellen hohe Anforderungen an den Tierarzt. Um hier den aktuellen Wissensstand auch der Humanmedizin im Sinne des One World, OneHealth, One Medicine-Gedankens bestmöglich zu nutzen, kommen auf den BBF Baden-Badener Fortbildungstagen vom 7. bis 9. April 2016 Vertreter beider Disziplinen zusammen.
Gemeinsam diskutieren sie etwa den Einsatz innovativer Therapien aus der Humanmedizin bei der Behandlung von Hunden.
Vom hochfieberhaften schwerkranken Hund, der nicht mehr aufstehen kann bis zur leichten Lahmheit, von massiv geschwollenen Gelenken bis zu unauffälligen Gliedmaßen: Rheuma hat auch beim Hund viele Gesichter.
Und darin liegt die erste Schwierigkeit bei der Behandlung: Man sollte auch bei nicht eindeutigen Symptomen an die Erkrankung Rheuma denken, sagt Professor Dr. med. vet. Barbara Kohn, Fachtierärztin für Kleintiere und Inhaberin des Diplomate ECVIM (Internal Medicine).
Steht die Diagnose, gilt es, ein weites Spektrum an Ursachen abzuklären. Dies ist entscheidend für eine zielgerichtete Therapie, so die Geschäftsführende Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kleine Haustiere an der FU Berlin.
Denn hinter den Symptomen einer RA können auch Infektionskrankheiten wie Borreliose oder Leishmaniose, Krebs sowie Medikamentenunverträglichkeiten stecken. Diese erfordern aber möglicherweise eine andere Therapie als die autoimmune Polyarthritis, erläutert Kohn.
Bei der autoimmunen Polyarthritis greift sich der Körper selbst an. In der Folge entzünden sich die Gelenke, Arthrosen entwickeln sich. Um diesen zerstörerischen Prozess zu stoppen, kommen das Immunsystem unterdrückende Medikamente, sogenannte Immunsuppressiva, zum Einsatz. Eckpfeiler der Therapie ist hier nach wie vor Cortison.
Doch oft reiche dies nicht aus, sodass weitere Immunsuppressiva aus der Humanmedizin wie Leflunomid oder Methotrexat Verwendung finden. Ihr Einsatz ist wegen der teils schweren Nebenwirkungen jedoch nicht ohne Risiken und gehört in die Hand eines Fachmanns, betont Kohn.
Ziel der Behandlung sei immer auch das Vermeiden eines weiteren Krankheitsschubs beziehungsweise eines Rückfalls: Denn kommt es dazu, ist die Behandlung schwieriger und hat eine schlechtere Prognose, erläutert die Expertin. Deshalb sei es so wichtig, gleich von Anfang an die richtige Diagnose zu stellen und die Grunderkrankung konsequent zu behandeln, betont sie.
Bis dahin sei es oft ein langer Weg, fasst sie zusammen. Er fordere viel Sorgfalt und Geduld aller Beteiligten einschließlich der Hundehalter. Jedoch kenne jeder jemanden mit Rheuma in seinem Bekanntenkreis. Dies mache es leichter, das nötige Verständnis für den oft langwierigen Verlauf aufzubringen, fügt sie hinzu.
Bei den Vorträgen mit Professor Barbara Kohn und weiteren Experten wie dem Humanmediziner Professor Christoph Fiehn, Ärztlicher Direktor der Rheumatologie des Acura Rheumazentrums Baden-Baden, erhalten Tierärzte im Rahmen der BBF Baden-Badener Fortbildungstage einen fundierten Einblick in die aktuelle Diagnose und Therapie der Polyarthritis.
Ein Überblick über regulationsmedizinische Behandlungsansätze aus der Komplementärmedizin rundet das Programm ab.
Die BBF Baden-Badener Fortbildungstage (www.bbf-kleintierkongress.de) finden vom 7. bis 9. April 2016 in Baden-Baden statt. Seit 28 Jahren treffen sich rund 1000 Tierärzte in der Kurstadt Baden-Baden, um sich fortzubilden, sich auf der Industrieausstellung oder beim Baden-Badener Tierärzteabend auszutauschen und die Stadt zu genießen.
Terminhinweise BBF Baden-Badener Fortbildungstage:
Freitag, 8.4.2016
Polyarthritis beim Hund eine unterdiagnostizierte Erkrankung?
Barbara Kohn
14:00 14:40 Uhr
Ein Blick über den Tellerrand immunbedingte Arthritiden beim Menschen
Christoph Fiehn
14:40 15:15 Uhr
An was muss der Chirurg bei Polyarthitis denken?
Daniel Koch
15:15 15:45 Uhr
Therapie der Polyarthritis Immunsuppression und mehr
Barbara Kohn
16:30 17:00 Uhr
Innovative Therapien in der Humanmedizin neue Ansätze für die Tiermedizin?
Christoph Fiehn
17:00 17:30 Uhr
Regulationsmedizinische Therapie der Polyarthritis als sinnvolle Erweiterung konventioneller Maßnahmen
Heidi Kübler
17:30 18:00 Uhr
Literaturhinweise:
Methotrexat Dreh- und Angelpunkt in der Therapie der rheumatoiden Arthritis. Christoph Fiehn, Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 193−195
Regulationsmedizin bei Hund und Katze. Einsatz bei chronisch degenerativen Gelenkerkrankungen. Heidi Kübler, team.konkret 2013; 1: 5-8